
Anhörung im Niedersächsischen Landtag – Landesaktionsplan Gute Geburt: Eine gesunde und gute Geburt für Mütter und Kinder sicherstellen
Mit ihrem Entschließungsantrag im Niedersächsischen Landtag fordern die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Umsetzung des Nationalen Gesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ in Niedersachsen.
Mother Hood wurde zur Anhörung in den Landtag eingeladen: Unsere Aktive Kimberley Schumacher hat uns am 2.10.2025 bei der Anhörung des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung vertreten. Dabei konnte sie unsere Perspektive als Eltern in einer Rede teilen. Vorab haben wir bereits eine schriftliche Stellungnahme eingereicht:
Stellungnahme zum Antrag “Landesaktionsplan Gute Geburt: Eine gesunde und gute Geburt für Mütter und Kinder sicherstellen” der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 17.06.2025
Anlässlich der Anhörung des Ausschusses für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung des Niedersächsischen Landtages am 2. Oktober 2025
Mit dem Antrag bitten die vorgenannten Fraktionen die Landesregierung in Niedersachsen, in Anlehnung an das nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ (Gesundheitsziel Geburt) einen „Landesaktionsplan Gute Geburt“ zu initiieren. Ziel ist, die schwangerschafts- und geburtshilfliche Versorgung in Niedersachsen sicherzustellen.
Die Elternorganisation Mother Hood e.V. begrüßt den Antrag sehr. Ein Landesaktionsplan ist aus unserer Sicht sehr gut geeignet, die im Gesundheitsziel Geburt verabschiedeten komplexen, sehr vielfältigen Maßnahmen auf Landesebene sowie in den Kommunen auf den Weg zu bringen.
Die für den Landesaktionsplan im Antrag vorgestellten Ziele und abgeleiteten Maßnahmen für eine gute Versorgung rund um die Geburt (Ziele 1-10) sowie die besonders zu berücksichtigenden Themenfelder (1-4) unterstützen wir vollumfänglich.
Wir begrüßen auch das Vorhaben, eine Vernetzungsstelle zur Umsetzung des Aktionsplans einrichten zu wollen. Ihr großer Vorteil besteht darin, die wichtigen Ziele des Aktionsplans bzw. des Gesundheitsziels Geburt sowie die Aktivitäten der Berufsverbände, des Landes, der Kommunen sowie aller weiteren Akteur:innen zusammenzubringen. Eine Vernetzungsstelle sichert aus unserer Sicht zudem das Ziel der dringend notwendigen Partizipation von Patient:innenvertretung entsprechend des im Antrag formulierten ersten Ziels: “Die Frau mit ihrem Kind steht im Mittelpunkt. Ihre Perspektive, ihre Selbstbestimmung und das Wohlbefinden von ihr und ihrem Kind sind die wichtigsten Qualitätskriterien und grundlegend für Entscheidungen, Maßnahmen, Regelungen und Gesetze.” Zudem bietet eine Vernetzungsstelle die Möglichkeit sowohl die Erstellung eines Aktionsplanes als auch dessen Fortschreibung und die Umsetzung der darin empfohlenen Maßnahmen. Dafür bedarf es einer langfristig gesicherten Finanzierung, die nicht nur als einzelnes Projekt angelegt sein darf.
Im Entschließungsantrag werden verschiedene Ziele konkret benannt, unter anderem {habe} Jede Frau {…} rund um die Uhr Anspruch auf eine wohnortnahe Versorgung (d. h. max. 40-minütige Fahrtzeit) in einem Kreißsaal. Dieses erklärte Ziel ist in unseren Augen nicht weitreichend genug. Eine wohnortnahe Versorgung muss näher als eine 40-minütige Fahrzeit unter idealen Bedingungen mit dem eigenen PKW sein. Familien müssen zu jeder Jahreszeit in angemessener Zeit einen Kreißsaal erreichen können, auch ohne eigenes Auto, beispielsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ebenso muss die Versorgung der Frauen auf jeder einzelnen Insel mitbedacht werden. Das Land muss gesetzliche Grundlagen schaffen, durch die die Krankenhausplanung des Landes Vorgaben zur verpflichtenden Vorhaltung von geburtshilflichen Stationen machen kann und Sanktionsmöglichkeiten festlegen, wenn diese Vorgaben nicht erfüllt werden. Zudem haben die Frauen auch die freie Wahl des Geburtsortes. Eine Wahl zwischen verschiedenen Geburtsorten ist schon heute nicht mehr für alle Niedersächsinnen gegeben.
Der Entschließungsantrag sollte aus unserer Sicht um ein weiteres Themenfeld zu “Information, Aufklärung und Gesundheitskompetenz” ergänzt werden. Schwangere brauchen verständliche Informationen, um Entscheidungen hinsichtlich ihres Körpers treffen zu können (beispielsweise zu Pränataldiagnostik, schmerzlindernden Methoden, Untersuchungen, Mobilität oder Geburtspositionen). Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG, ehemals Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BzgA) leistet hierzu seit Jahren einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitskompetenz- und Förderung.
(Werdende) Familien informieren sich in den sozialen Medien und Websites über die für sie infrage kommende(n) Wunschklinik(en). Die ihnen zugänglichen Informationen sind häufig jedoch marketingorientiert, nicht wertneutral und nicht evidenzbasiert. Sie eignen sich oft nur zur Ergänzung. Die niedersächsische Landesregierung soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass adressat:innengerechte Informationen auf der Grundlage von medizinischen Leitlinien erarbeitet werden und eine Aufklärungskampagne für die Physiologie von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett durch das BIÖG/BzGA umgesetzt oder eine eigene landesweite, langfristige Kampagne initiiert wird. Die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Schwangeren und Familien trägt langfristig zur Gesundheitsprävention der gesamten Bevölkerung bei.
Besonders positiv fällt uns im Antrag auf, dass die psychische Gesundheit und Gewalt in der Geburtshilfe als eigenes Themenfeld berücksichtigt wird. Eine Verbesserung der Versorgungssituation für die Frauen und Familien in diesem Bereich wird langfristig zu geringeren Folgekosten für die einzelnen Familien und die gesamte Gesellschaft führen.
Im Antrag werden verschiedene Punkte angesprochen, für die sich die Landesregierung auf Bundesebene einsetzen sollte. Aus unserer Sicht wäre es außerdem wichtig, dass die Aufzählung um die Forderung nach einem bundesweiten Perinatalregister (“Geburtenregister”) ergänzt wird. In einem Perinatalregister sollen die mütterlichen und kindlichen Daten rund um die Geburt erfasst werden. Ziel ist es, eine umfassende Verbesserung der Qualität und mehr Sicherheit in der Versorgung von Schwangeren, Müttern und Neugeborenen zu gewährleisten.
Für Rückfragen stehe ich sehr gerne unter den unten genannten Kontaktmöglichkeiten oder bei der Anhörung am 02.10.2025 persönlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kimberley Schumacher
Landeskoordinatorin Niedersachsen
Regionale Ansprechpartnerin für den Landkreis Harburg
Mother Hood e.V.