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Gewalt in der Geburtshilfe: Brief an einen Chefarzt

Dresden, 13. Oktober 2021

Die Frau entscheidet, was Gewalt ist! Offener Brief zu Ihrem Statement zu Gewalt in der Geburtshilfe

Sehr geehrter Prof. Dr. Köhler,

wir schreiben Ihnen anlässlich Ihres Statements in einem MDR-Radiobeitrag zu Gewalt in der Geburtshilfe vom 13. September. Sie werden in dem Beitrag mit den Worten zitiert, dass es im Kreißsaal “manchmal rustikal” zugehen müsse. Dies hätte aber Ihrer Meinung nach nichts mit Gewalt zu tun.

Zu Ihren Äußerungen möchten wir gerne Stellung beziehen: 

Was Gewalt ist, entscheidet allein die Person, die die Erfahrung gemacht hat. Kein Arzt oder Ärztin, keine Hebamme – niemand darf darüber urteilen. Gewalterfahrungen von Frauen zu relativieren, ist inakzeptabel.

Insbesondere die Roses Revolution hat seit dem Jahr 2013 in Deutschland eine gesellschaftliche Diskussion um Gewalt in der Geburtshilfe angestoßen. Viele Geburtshelfer:innen sehen sie als Chance, Abläufe in ihrer Klinik sowie ihr eigenes Handeln zu hinterfragen und im Sinne einer frau- und familienzentrierten Geburtshilfe zu ändern. Die aktuellen S3-Leitlinien “Sectio Caesarea” und “Die vaginale Geburt am Termin” bieten hierfür konkrete Empfehlungen. Insbesondere die in der Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin aufgeführten “12 Schritte der International Childbirth Initiative (ICI)” (S. 12 aktuelle Langfassung) sowie die Entscheidungsfindungsmodelle (S. 13 aktuelle Langfassung) möchten wir als konstruktive Empfehlungen hervorheben.

Für die Auseinandersetzung mit dem Thema “Gewalt in der Geburtshilfe” ist es entscheidend, Worte von betroffenen Frauen zu berücksichtigen. Hierfür empfehlen wir Ihnen die Berichte anlässlich der Roses Revolution und verweisen auf die Initiative Gerechte Geburt, beispielhaft auf die Auswertung aus dem Jahr 2018.

Wir laden Sie ein, mit uns in einen konstruktiven Austausch zu treten. Unsere Landesvertreterin für Sachsen, Tina Kroemer, freut sich über ein persönliches Gespräch. Sie erreichen Frau Kroemer per Mail an t.kroemer@mother-hood.de sowie telefonisch unter 0176/ 24563562.

Über Mother Hood e. V.:

Bei Mother Hood e.V. setzen sich Eltern bundesweit für eine gute Versorgung von Mutter und Kind vor, während und nach der Geburt ein. Durch Kreißsaalschließungen, Personalmangel in Kliniken und Lücken in der Hebammenversorgung ist eine sichere Geburtshilfe nicht mehr überall gegeben. Zu den Hauptforderungen von Mother Hood gehört unter anderem die Sicherstellung einer Eins-zu-Eins-Begleitung durch eine Hebamme sowie eine bessere Vergütung von geburtshilflichen Leistungen. Vertreterinnen des Vereins arbeiten in verschiedenen fachlichen und politischen Gremien mit, so z.B. bei der Erstellung von Leitlinien, beim Gemeinsamen Bundesausschuss oder an Runden Tischen auf regionaler und Landesebene (mehr Infos auf www.mother-hood.de). 

Mit freundlichen Grüßen aus Dresden und Bonn

Tina Kroemer und Katharina Desery