Allgemein Neuigkeiten Startseite

Leserinnenbrief zum FAZ Artikel “Das Gewese um die Schwangerschaft”, 8.11.2021

Die in dem FAZ-Bezahlartikel “Das Gewese um die Schwangerschaft” zitierte Gynäkologin Annika Schutt ist nicht auf der Höhe der Zeit: Sie findet nämlich Patientenrechte nervig und ist sogar der Meinung, man könne diese als Fachperson ruhig ignorieren. Eine juristisch höchst fragwürdige Einstellung! Frau Schutt kann froh sein, dass nicht ihr richtiger Name in der FAZ steht. Ihre Patientinnen wollten das bestimmt nicht gerne lesen.

Frau Schutt scheint sich bei “Gender-Reveal-Partys” und dem Konsumverhalten heutiger Schwangerer besser auszukennen, als bei medizinischen Leitlinien rund um Schwangerschaft und Geburt. Diese weisen nämlich mit aller Deutlichkeit auf die Aufklärungspflicht seitens der Geburtshelferinnen und Geburtshelfer sowie die Entscheidungskompetenz der Gebärenden hin. Mehr noch: Frau Schutt weiß scheinbar auch nicht, dass Gebärende medizinischen Eingriffen wie dem Dammschnitt oder dem Mitdrücken (auf den Bauch der Gebärenden durch die Geburtshelferin) auch ablehnen können. Außerdem handelt es sich bei den genannten Beispielen um Eingriffe, die nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen zumindest hinterfragt werden müssen. Offensichtlich ist Frau Schutt auch nicht bekannt, dass sich das Atmen “nach eigenen Tempo” positiv auf den Geburtsverlauf und damit auf Mutter und Kind auswirken kann!

Eine gute Geburt ist ein Menschenrecht! Das Fachpersonal besitzt die Verantwortung, für die körperliche und emotionale Gesundheit von Gebärenden und ihren Kindern zu sorgen, so wie es in den Leitlinien erklärt wird.

Man könnte diesen Artikel getrost als Kolumne abtun und einfach besser ignorieren. Aber angesichts massiver Missstände in der Geburtshilfe, mit denen wir Eltern es seit Jahren zu tun haben (und über die auch die FAZ regelmäßig berichtet), können wir diese Zeilen nicht unkommentiert lassen. Nicht zuletzt für die vielen Frauen und ihre Familien, die Schlimmes bei der Geburt ihres Kindes erlebt haben, dürfte der Artikel wie ein Schlag ins Gesicht sein. Und das ausgerechnet im Monat der Roses Revolution, die am 25. November in Deutschland zum neunten Mal auf Missachtung und Gewalt in der Geburtshilfe aufmerksam macht!

Bonn, 09. November 2021

Über Mother Hood e. V.:

Bei Mother Hood e.V. setzen sich Eltern bundesweit für eine gute Versorgung von Mutter und Kind vor, während und nach der Geburt ein. Durch Kreißsaalschließungen, Personalmangel in Kliniken und Lücken in der Hebammenversorgung ist eine sichere Geburtshilfe nicht mehr überall gegeben. Zu den Hauptforderungen von Mother Hood gehört unter anderem die Sicherstellung einer Eins-zu-Eins-Begleitung durch eine Hebamme sowie eine bessere Vergütung von geburtshilflichen Leistungen. Vertreterinnen des Vereins arbeiten in verschiedenen fachlichen und politischen Gremien mit, so z.B. bei der Erstellung von Leitlinien, beim Gemeinsamen Bundesausschuss oder an Runden Tischen auf regionaler und Landesebene (mehr Infos auf www.mother-hood.de).